Gute zehn Jahre ist es schon her, als ich mich selbst überredete, mir
endlich so einen modernen Stereo-Tuner mit einer wunderbaren
Digitalskala, den vielen Lämpchen und einem futuristischem Design
zuzulegen.
Die
Freude währte nicht allzu lange, denn das Verhalten des
Gerätes sowohl bei terristrischem Empfang, als auch am Kabelnetz,
war schlichtweg ungenügend.
Es
rauschte, brodelte und bei Stereo-Empfang glich das Gerät eher
einem Musiksynthesizer als einem gutem UKW-Empfänger.
Ich
erinnerte mich zurück an die guten UKW-Eigenschaften der alten
Röhrengeräte und beschloß, trotz des auf mich
zukommenden technischen Aufwands, den Eigenbau eines Röhrentuners,
und zwar für Stereo-Empfang.

Das Bild oben zeigt das Ergebnis meiner Bemühungen, das mir sicher ein paar grau Haare wachsen ließ.
Zunächst
dachte ich an die Verwendung eines fertigen UKW-Teils aus einem
älteren Radio. Diese Teile waren prinzipiell nicht schlecht und
man holte damals mit der klassischen Doppeltriodenschaltung das
Optimale heraus. Ich entschied mich allerdings für eine
Eigenbauvariante mit HF-Vorstufe, Mischer und getrennten Oszillator,
aufgebaut auf einem alten Nordmende UKW-Baustein.
Später zeigte sich die haushohe Überlegenheit dieses Eingangsteils.
Am Besten erklärt sich der Gesamtaufbau mit Hilfe des Schaltplans, der als pdf-File hier zur Verfügung steht:
Sehen
wir uns das Eingangsteil etwas genauer an. Es ist fast
"schulbuchmäßig" ausgeführt ohne große
Kunstgriffe. Ein breitbandiger Eingangskreis speist eine
Subminiaturröhre EC1030, die speziell als
Gitterbasis-Verstärker mit geringem Rauschen konzipiert worden
war. Ich weiß nicht mehr wo sie her stammt, aber sie schien mir
am besten geignet, da auch der Platz auf dem kleinen Tunerkasten
begrenzt war.
Mit
dem vorhandenem Doppeldrehkondesator wird der Gitterkreis der
Mischstufe und des Oszillators abgestimmt. Hier habe ich die bekannte
ECC85 verwendet, die in den meisten UKW-Teilen jener Zeit zu finden war.
Die verwendeten Spulen sind aus Silberdraht und mit UKW-tauglichen Kernen abstimmbar.
Im
Oszillatorteil finden wir eine Kapazitätsdiode mit entsprechender
Beschaltung. Sie erlaubt eine AFC-Schaltung durch die
Diskriminatorspannung, wie wir noch sehen werden.
Zunächst ein Bild vom geöffneten Gerät und der Lage aller Röhrenstufen.
Weiter
geht es mit dem ZF-Verstärker. Dieser ist vierstufig! und es
kommen die bekannten Röhren EF80 zum Einsatz. Diese waren in den
Fernsehern Ende der Fünfziger und auch noch in den Sechzigern als
Standardröhre im Bild-ZF-Verstärker oder der Ton-ZF verwendet
worden. Entsprechend viele habe ich im Laufe der Jahre natürlich
gesammelt.
Die Zwischenfrequenzfilter sind Philips- und Grundig-Typen
und stammen aus abgewrackten Geräten. Nahezu
alle Filter mußten mit Widerständen bedämpft werden, um
die breitere Durchlasskurve für den Stereorundfunk zu bekommen.
Die
beiden letzten EF80 arbeiten schon als Begrenzer und treiben das Ratiofilter - den
FM-Demodulator. Wie es sich für ein echtes Röhrengerät
gehört, ist auch hier eine Röhre vorgesehen - eine EAA91. Der
Diskriminatorausgang liefert auch die Stellspannung für die weiter
oben beschriebene AFC-Fangschaltung.
Die Gitterspannung der vorletzten Stufe wird zur Anzeige der Feldstärke herangezogen.
Es folgt
ein NF-Verstärker mit einer EC92, um den folgenden Stereodekoder
ordentlich anzusteuern. Der NF-Pegel ist mit einem Poti einstellbar.
Eine
Herausforderung war der röhrenbestückte Stereodekoder. Ich
hatte keine ansprechende Schaltung in der Fachliteratur gefunden -
viele waren zu kompliziert aufgebaut.
Ich
entschloß mich, einen Grundig-Transistor-Dekoder einfach auf die
Röhre umzusetzen. Die benötigten Spulen für die 19kHz
und die 38kHz-Kreise konnte ich dem besagten Modul entnehmen. Der Rest
entstand einfach außen herum!
Wie im
Schaltbild ersichtlich, setzte ich zwei Doppeltrioden ein - die
bekannten ECC81 und ECC82. Der Ringdemodulator, wie er ja bei dieser
Art von Dekoder benötigt wird, ist mit Germaniumdioden aufgebaut.
Dies ist kein Stilbruch - Halbleiterdioden und Röhren haben sich
eine geraume Zeit gut vertragen.
Das folgende Bild zeigt den Stereodekoder in der Ecke des Gehäuses.
Für
den Abgleich mußte ich mir von einem Freund einen
Stereomeßsender ausleihen, die hervorragende Qualität
hätte ich durch Versuch und Irrtum sicher nicht erreicht.
Im
Stereodekoder kommt auch der einzige Transistor des ganzen Gerätes
zum Einsatz - ein Germanium-NPN-Typ OC139. Um das Anzeigelämpchen
für die Stereo-Anzeige zu schalten, war er unumgänglich.
Für
einen guten Tuner braucht es natürlich auch einen guten,
rauschfreien NF-Verstärker. Lautsprecherwiedergabe war nicht
beabsichtigt, ein qualitativ hochwertiger Verstärker für
Kopfhörerwiedergabe war gefordert. Zudem mußten Röhren
mit geringen Heizströmen zum Einsatz kommen, denn die Belastung
der 6,3V Wicklung des Netztrafos erreichte langsam das Maximum. Es gab
nur eine Lösung: zweimal EF86 in Triodenschaltung und zweimal E88C
als Kathodenfolger, um auch niederohmige Hörer treiben zu
können. Eine gute Wahl, wie es sich herausstellte. Der
Verstärker ist so rauscharm, daß ich beim ersten Betrieb
einen Defekt vermutete. Die Wiedergabe ist hervorragend!!
Ein Line-Ausgang
zum Anschluß an einen Vollverstärker ist vor den
Lautstärkereglern abgegriffen und über Cinch-Buchsen nach
hinten herausgeführt.
Schließlich noch zum Netzteil. Es ist im Schaltplan nicht enthalten,
weil es keine Besonderheiten bietet. Der Transformator liefert 2x250V
mit 100mA Belastbarkeit, eine Gleichrichterröhre EZ81 arbeitet als
Zweiweggleichrichter. Im zweiten Bild von oben kann man rechts neben
dem Netztrafo eine Siebdrossel erkennen - sie ist zwingend notwendig,
um den NF-Verstärker brummfrei zu halten.
Ein
kleiner Lüfter in der Rückwand sorgt für etwas Umluft -
die vielen Röhren erzeugen erwartungsgemäß "etwas"
Wärme.
Um
das Ganze ansehnlich zu gestalten, wurde ein nicht ganz billiges
Gehäuse von RS-Components verwendet. Die Grundplatte ist aus Alu
und in die Führungsschienen eingeschoben.
In der
Frontplatte gibt es nicht allzu viele Bedienelemente. Links der
Hauptschalter, Mono/Stereo-Auswahl, eine Abschaltmöglichkeit
für die AFC sowie die beiden im modernen Blau beleuchteten
Anzeigen für die Feldstärke und die Mittenanzeige.
Rechts finden wir den großen Abstimmknopf, den Lautstärkeregler und eine 6,3mm-Kopfhörerbuchse.
Die ebenfalls blaue Stereo-Anzeige ist ganz rechts in der Skala angebracht.
Das
Gerät hat bei mir seinen Stammplatz im Regal, die
Empfangsleistungen sind phänomenal. Die Stereowiedergabe ist
vollkommen frei von Piepsen und Quietschen, die Kanaltrennung
hervorragend. Der Aufwand hat sich gelohnt.
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